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Offenen Brief der Schweinfurter Stadtratsfraktion DIE LINKE an Oberbürgermeister Sebastian Remelé zur Sondersitzung Industriepolitik

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SCHWEINFURT – Die Stadtratsfraktion DIE LINKE hat einen offenen Brief an Oberbürgermeister Sebastian Remelé zur Sondersitzung Industriepolitik am 21.März im Rathaus verfasst. Inundumsw.de liegt das Schreiben schon jetzt vor, weshalb unser Portal es komplett veröffentlicht.

Offener Brief zur Sondersitzung Industriepolitik am 21.März

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Remelé,

mit Datum vom 03. April 2017 beantragten die Mitglieder des Stadtrats Georg Wiederer und Frank Firsching die Einberufung einer Stadtrats- Sondersitzung zum Thema Industriepolitik der Stadt Schweinfurt.

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Hintergrund des Anliegens ist die IAB- Studie 01/2017 „Digitalisierung der Arbeitswelt – Folgen für den Arbeitsmarkt in Bayern“ zum Substituierbarkeitspotential der Beschäftigung in Bayern.

Was sich kompliziert anhört ist im Grunde nach relativ einfach nachzuvollziehen: Durch Digitalisierungsinnovationen werden betriebliche Produktionsprozesse und Arbeitsabläufe schlanker und schneller, die Produktivität deutlich erhöht. Bisherige berufliche Tätigkeiten fallen weg, möglicherweise auch die damit verbundenen Arbeitsplätze.

Verschiedene Studien belegen, dass in der industriellen Produktion die Substituierbarkeit der Tätigkeiten deutlich höher ist, als im Dienstleistungssektor. Fußend auf dieser Erkenntnis berechnet die Studie für die Bundesrepublik ein Substituierbarkeitspotential von 15 Prozent der bisherigen Tätigkeiten, für Bayern 15,4 Prozent und für die Stadt Schweinfurt von 30,3 Prozent, dem klaren Spitzenwert in Bayern.

Verwirklichen sich die Befürchtungen zum möglichen Arbeitsplatzabbau, so haben wir ein ernst zu nehmendes Problem. Aus unserer Sicht ergeben sich zwingend die Handlungsschwerpunkte Aus- und Weiterbildung, Ansiedlungspolitik und Flächenmanagement. Ergänzt durch weitere, zu definierende, kommunale Handlungsfelder sollte eine breit akzeptierte „Schweinfurter Industriepolitik 4.0“ zusammen mit den Unternehmen und den Gewerkschaften entwickelt werden, deren Ziel es ist gute Arbeitsplätze für die Region Schweinfurt zu erhalten, zu sichern und neu anzusiedeln.

Nun soll die „Sondersitzung Industriepolitik“ am 21. März stattfinden. Wir begrüßen es, dass Sie mit der Einberufung der Sondersitzung unserem Vorschlag entsprechen. Mit der Art und Weise der einseitigen Terminfestlegung können wir nicht einverstanden sein. Entgegen der üblichen Vorgehensweise erfolgte leider keine vorherige Terminabstimmung mit den Fraktionen des Stadtrats. Nicht einmal mit den Antragsstellern wurde gesprochen.

Der Termin wurde ohne jegliche Rücksprache von Ihnen festgelegt. Das hat in diesem Fall zur Folge, dass die Stadtratsfraktion DIE LINKE aufgrund unaufschiebbarer Dienstreisen nicht an der Sondersitzung teilnehmen kann, die ihr Fraktionsvorsitzender beantragt hat. Somit müssen wir uns für die Sondersitzung wegen des äußerst ungünstigen Termins leider entschuldigen.

Überhaupt scheint der Wille zur Zusammenarbeit in dieser Frage seitens der Stadtverwaltung zur unserem Bedauern wenig ausgeprägt. So haben Georg Wiederer und Frank Firsching im gemeinsamen Antrag angeboten, an der inhaltlichen Vorbereitung der Sondersitzung mitzuwirken. Sowohl Stadtverwaltung als auch Sie, Herr Oberbürgermeister, sind auf dieses Angebot nicht eingegangen. Wir sind davon überzeugt, dass es gemeinsam gelingen kann, die Herausforderungen, die durch die Digitalisierung der Arbeitswelt entstehen, zu meistern. Dazu bedarf es allerdings ein Weniger an Selbstzufriedenheit und Machtgehabe, als ein Mehr an Offenheit und Zusammenarbeit.

Ohne Inhalt, Struktur und Ablauf der Sondersitzung zu kennen, hoffen wir, dass der 21. März über eine selbstzufriedene Inszenierung hinaus geht, kommunale Aufgaben zur Arbeitsplatzsicherung beschreibt und erste Lösungsansätze zur Diskussion stellt.

Wir begreifen diesen 21. März als Startschuss zur Entwicklung der „Schweinfurter Industriepolitik 4.0“. Entsprechend werden wir weiter agieren, hoffentlich gemeinsam für Schweinfurt, ohne Eitelkeiten und Ausgrenzungen.

Und hier noch der gemeinsame Antrag vom April 2017 im Wortlaut, unterzeichnet von Georg Wiederer und Frank Firsching:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Remelé,

bezugnehmend auf den Antrag „Ausbau eines Clusters für Wälzlager und Automobilzulieferung“ des Kollegen Norbert Lenhard vom 23. März 2017 stellen wir folgenden Antrag zur baldigen Behandlung:

Antrag:
Die Durchführung einer Sondersitzung des Stadtrats mit dem Titel „Entwicklung einer aktiven Industriepolitik für die Stadt Schweinfurt“, die auch dazu dient der Bedeutung des Antrags des Kollegen Norbert Lenhard in angemessener Weise gerecht zu werden. Darüber hinaus verstehen wir diese Sondersitzung als Startschuss für eine aktive Industriepolitik der Stadt Schweinfurt.

Begründung:
Die große Säule der wirtschaftlichen Stärke unserer Stadt ist die Industrie. Etwa 25.000 Arbeitsplätze sind ihr direkt, viele weitere indirekt zuzuordnen. Damit hängt das wirtschaftliche Wohl der Stadt und des Umlandes von der Entwicklung des industriellen Sektors in doppelter Hinsicht maßgeblich ab. Einerseits garantieren gut bezahlte Arbeitsplätze den Menschen in der Region eine sichere Lebensgrundlage und anderseits ermöglichen die Erträge aus der Gewerbesteuer der Stadt Schweinfurt die nötigen Investitionen in die Zukunft tätigen zu können.

Grund genug sich mit dem Thema Industriepolitik intensiv auseinander zu setzen. Neben diesen grundsätzlichen Feststellungen beschäftigen die Digitalisierung der Arbeitswelt und ihre Folgen die Praktiker in den Betrieben auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite ebenso wie die Wissenschaft. Eine aktuelle Studie des IAB (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung) vom Januar 2017 über die regionalen Folgen der Digitalisierung der Arbeitswelt in Bayern unterstreicht die Notwendigkeit der Befassung.

Dort heißt es in der Zusammenfassung:
Eine wichtige Frage im Zusammenhang mit den Folgen der Digitalisierung der Arbeitswelt ist, inwieweit Tätigkeiten, die bisher von Menschen ausgeführt werden, durch Computer oder computergesteuerte Maschinen übernommen werden können. Dieser Bericht nähert sich dieser Fragestellung über die Analyse der Substituierbarkeitspotentiale von Berufen. Zur Bestimmung dieser Substituierbarkeitspotentiale wird der Anteil der Tätigkeiten berechnet, die innerhalb eines Berufs heute durch den Einsatz von Computern oder computergesteuerten Maschinen ersetzt werden könnte. Es zeigt sich, dass Fertigungsberufe und fertigungstechnische Berufe das höchste Substituierbarkeitspotential in sich tragen, während das Potential bei sozialen und kulturellen Dienstleistungsberufen nur gering ausfällt. Differenziert nach Anforderungsniveau ist das Substituierbarkeitspotential für Helfer und Fachkräfte ähnlich hoch und größer als das Substituierbarkeitspotential für Spezialisten und insbesondere für Experten.

In Bayern fällt der Anteil der Beschäftigungsverhältnisse, die mit einem hohen Substituierbarkeitspotential von über 70 Prozent konfrontiert sind, mit 15,4 Prozent geringfügig höher aus, als im bundesweiten Durchschnitt (15 Prozent). Auf der Ebene der Kreise und kreisfreien Städte variiert der Anteil der Beschäftigungsverhältnisse, die ein hohes Substituierbarkeitspotential aufweisen zwischen 7 Prozent in der Stadt München und gut 30 Prozent in der Stadt Schweinfurt. Um den Herausforderungen der fortschreitenden Digitalisierung der Arbeitswelt zu begegnen, werden lebenslanges Lernen, betriebsnahe Aus- und Weiterbildungsangebote sowie passgenaue Vermittlungen immer bedeutender.

Die Nachricht, dass schon heute ein Drittel der Beschäftigungsverhältnisse auf dem geografischen Gebiet der Stadt Schweinfurt mittels Digitalisierung wegfallen könnte, sollte ernst genommen werden, auch wenn dieses Szenario möglicherweise erst übermorgen eintritt. Wir sind uns sicher, dass wir uns stärker als bisher mit diesen Entwicklungen beschäftigen müssen.

Wir sind gerne bereit zur inhaltlichen Gestaltung der Sondersitzung beizutragen.



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